Text von Ernst K., 14.01.186x

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kfb218k06

Informationen zum Text

Name Ort Datum
von Ernst K. Irsee 14.01.186x
an Ehefrau: Elise K. k. A. k. A.
Domain privater Brief
Regest Der Patient schreibt seiner Frau über die Finanzen seines Geschäfts und bittet sie, ihm seine Geschäftsbücher zu senden, die er für die Fertigstellung seiner Geschäftsbilanz braucht.

Informationen zum Patienten

ID kfb218k
Name Ernst K.
Geschlecht m
geboren 1823
gestorben unbekannt
Tätigkeit(en) Kaufmann
Ort(e) Kempten📍
Religion protestantisch
Weitere Informationen
  • Familienstand: verheiratet
  • Eltern: k. A.
  • Anstalt: 15.05.1860–1862
  • Verpflegungsklasse: 2
  • Brieftypen: pp: 10, po: 4, ap: 1, ao: 3
Diagnose Geisteswahn (1862)

Bearbeiter des digitalen Dokuments (Transkription, Korrekturlesung)

  • Amalia Fuchs
  • Katharina Gunkler-Frank

Nutzungsbedingungen

Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International (CC BY-SA 4.0)

Nachweis Originaldokument

Archiv Archiv des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren
Sammlung Patientenakten
Nr. 218

Informationen zur Schrift

Schreiber Medium Umfang
patient ink sole

Zitationshinweis

Schiegg, Markus (Hg.): CoPaDocs – Korpus historischer Patiententexte. <https://www.deutschestextarchiv.de/copadocs/>. Quelle aus: Archiv des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren, Patientenakte 218, Ernst K., Text von Ernst K., 14.01.186x.
Meine liebe gute Elise! 1. Es hat mich heute dein lieber Briefrecht innig gefreut & ich danke Euch vonganzem Herzen für die guten Sachen& für übersandte Cigarren. Dein Briefvom 11 Jahnr hat mich im Ganzen ge-nommen wie ich Dir schon sagte rechtgefreut nur vermiße ich darin Deinenun schon seit 3. Monat gegebene Ver-sicherung daß Du mich bald abholenwerdest, Die Thraenen sind mir in dieAugen getretten weil Du mir schreibst daßman mich noch nicht abholen koenne &bin ich nun doch schon so lange hierwie lange hast du im Sinne mich hierzu laßen ich sage Dir offen daß DuDich wohl noch errin̄ern wirst an den22 November 1860 wo ihr mir versprochenhabt mich nach 6 Wochen abzuholen aber ihr habt Euer Wort gebrochen obwohles damals geheißen hat daß manmich ohne Widerede hole, dadurch halteauch ich mich meines Wortes ent-bunden & gestehe offen daß wen̄ ich eineGelegenheit finde, aus der Anstaltfliehen werde, den̄ nachdem ich nunscho n so lange hier sitze so will ichnicht noch laenger dableiben weilich schlechterdings zu meinem Geschäft& zu meiner Familie zurückkehrenwill den̄ alles hat sein Maaß &Ziel und ich sehe nicht ein, warumich mit meiner leiblichen Gesund-heit & mit meinen geistigen Kräftennoch laenger daherin sitzen soll. Das vergangene Jahr war injeder Hinsicht ein furchtbar er-schreckliches für mich den̄ unter Irren & Kranken leben zu müßen das istkeine Kleinigkeit liebe Elise was habeich nicht alles für Angst ausgestandenwie vielen tausendfaeltigen Kum̄er er-lebt, & deßhalb liebe Elise will ich wiederhinaus um meinem Beruf wieder nach-gehen zu koen̄en & Du bist als meinangetrautes Weib verpflichtet michdarin angelegentlichst zu unterstützen. Wie gerne denke ich an die früherverlebten 12 Jahre wie glücklich warenwir da eines in dem andern glücklicheines dem Andern Trost spendend& eifrig bemüht jedem den andern denWunsch an den Augen abzusehen, hoffent-lich liegt die Zeit durch Deine Ver-mittlung nicht mehr ferne daß ichaus dem Irrenhause komme, & wen̄ dasgeschieht will ich wieder gerne leben, ich kan̄ es nicht oft genug wiederholen daß ichdieses Leben das ich jetzt führen mußmich in hoechsten Grade aneckelt. O liebe Lisa waere die Zeit da wo wirwieder beysamen sein koen̄ten ich sageDir ich gaebe mein halbes Vermoegengerne dafür her. Ich werde den herrnDirector nun ersuchen daß er an Dich schreibtden̄ ich weiß daß er ein erfahrener Man̄ist & gewiß auch einsehen muß daß ichnothwendiger zu hause bin, als hier. Wen̄ die An an K. P. um f 18000−verkauft würde, würden die Hypothecken ca 17000betragen & es blieben dan̄ noch ca f 1000zur Vertheilung unter die 4 Aßocié, ebensoist es mit dem Pacht der Mühle, welcherseit der letzten Eintragung wiedercaf 1000. − betragen kan̄ davon müssenalle faelligen Zinsen bis zu dem Tage derProtocollirung bezahlt werden, was den̄wieder übrig bleibt kom̄t ebenfalls wieder 2. an die 4 Theilhaber zu vertheilen, ich hoffedu hast mich verstanden & wir retten damit dochnoch einen Theil unseres eingelegten, & sonstbezahlten Geldes. Daß man die Margen anG. T. zu fcs 1. 6000 senden durftehat mich gefreut. Wen̄ nur auch J.bestellen würde auf meinen Brief den ichihm geschrieben habe, bestellt er, dan̄ macheich Dich aufmerksam daß Du ihm nur kleineMargen senden darfst & hoechstens die Deckeletwas groeßer sein dürfen; Dan̄ habe ichnun Aussicht vom Stephan A. die Adreßenzu erhalten mit denen er in Italien Ge-schaefte gemacht, ich will gerne ihm & derFrau für Ueberlassung der Addreßen einigeFlaschen Champagner bezahlen, den̄ die Adeßenkoen̄en uns von groeßtem Nutzen seinman bezahlt in Italien eben besserePreise ca fcs 2. − weil es große Waare seinmuß. Ich will nun noch auf einen andernGegenstand zu sprechen kom̄en, ich habe Dir schon das Letztemal gesagt daß dieFertigung der Billanz eine Angelegen-heit ist die noethiger waere wie Brodeßen, & ich will Dir eine so richtige Billanzherstellen daß es eine wahre Meister-schaft sein soll, & Du selbst sollst nach An-fertigung derselben zu mir sagen müßennun mein lieber Ernst jetzt glaube ichsicherlich daß Dir Dein lieber Him̄elvaterDeinen vollen Verstand wieder gegeben hat.Ich freue mich ordentlich auf den Abschlußder Billanz ich koen̄te in den Büchernschon viel im Voraus richten wen̄ Du siemir einsenden wolltest worum ich schon einmalgebethen habe. Du würst kaum glauben wasdieses Jahr alles in die Billanz kom̄t, &mit den ordentlichen Geschaeften die mandieses Jahr gemacht hat wird jedenfallsein sehr glaenzendes Res ultat herraus-kom̄en, ich will nicht hinter dem Berge halten & Dir offen &treu sagen wie unsereSachen stehen. Fürs erste liebe Lisa sind un-sere besitzenden Mobilien &Hausgeraeth-schaften bis jetzt noch nicht in den Bücherneingetragen gewesen ich glaube keinen großenFehler zu machen, wen̄ ich Deine so schöneingebrachte Aussteuer auf ein paar TausendGulden aufschlage, rechne dazu meine damalsgehabten Kleider & Mobilien dazu, dan̄ wirstDu mit den weiteren Sachen die wir uns inZeit von 12 Jahren nachgeschafft haben,es nicht unbillig finden wen̄ ich für all dieseSachen f 3000.− in die Billanz bringe. Die richtige Billanz kan̄ nur allein ich & sonstNiemand Anderer machen. Fürs zweite kom̄t jetzt der Platz inNeudorf Du weißt daß für denselbenfrüher viel Geld ausgegeben wurde, nichtsowohl zum Ankauf der Felder, sondernhauptsaechlich für Erbauung des Wetresdiese Sachen & Ausgaben sind bisher auchnicht in den Büchern, sondern nur auf verschiedenen Blaettern gewesen, so kom̄tnun wieder eine Sum̄e von:f 3800.− frühere Ausgaben200.− nachträgliche Ausgaben für Reisenin Sum̄a f 4000 in die Billanz & ich setzte diese Sum̄aum so sicherer jetzt in die Bücher als esuns gelingt vielleicht in Baelde mit Romieinen passabeln Kauf abschließen zu koenAuf dieser Angelegenheit sind wir nochschuldig ca f 3000.− dem l. Vater seel jeder Mutter gehöerend, dan̄ ferner fder Frau von N., weiters ca f 374.− dem C. &seiner Frau, weißt daß ich vor meinem hieherkom̄ihn noch einen Wechsel von fcs 190. pPariübermacht habe, & wen̄ ich diesen Wechserechne & des Praesent von. FräuleinN., dan̄ beläuft sich die Sum̄a nochauf ca f 374− 3tens hat der SchwaB. von mir noch einen Leheinworin ich ihm f 700− f 800 schuldig zusein bekenne, & diese Sache muß nur auch in die 3. Die f 2500.− die Vetter U. hergab be-trachte ich als in das Geschaeft genom̄en mitdenen ich eigentlich nur der einen Theil anMutters Capitalien bezahlte die f600−von F. müßen wir ebenfalls betrachtenals ob sie im Geschaefte waeren obwohl sieursprüng lich in die An verwendet wurden.Nun werde ich außer Catharina & Lisetnun bald alle Schulden genan̄t haben & wegeder f 1000.− die man der Catharina von früherher noch schuldet, machen wir es so daß wirihr einmal f 500.− geben, mit der andernHaelfte muß sie in Gottesnamen noch zu-warten. Wegen der Schuld an die Frau vonN. von noch f 3000− Geschaeftsgelderwill ich nichts sagen, diese laeßt sie unswen̄ wir die Zinsen ordentlich entrichten,der Zins macht f 120.− aus & ist jedesmalim August faellig, sorgt nur dafür daßihr denselben auch zur rechten Zeit abführt.Nun habe ich noch die weitere Angelegen-heit wegen dem L.ischen Platz zu berichtigender kom̄t nun ebenfalls in die Billanz den̄Du errin̄erst Dich daß ich dem L. nach & nach f 1000.− bezahlt habe, & da ich gernealleiniger Besitzer des Platzes waere,& an demselben mehr als an dem NeudorferPlatze zu verdienen hoffe wen̄ nur einmaleine Saege & eine Papierhle dortstehen,so habe ich an F. des Angeboth gemachtoder werde es machen wen̄ ich hier erlößtwerde, daß ich ihm f 300.− gebe, wen̄ er michals alleinigen Besitzer anerken̄t & mirdarüber einen Revers ausfertiget waser selbstverstaendlich annehmen wird,da sich der gute F. ja im̄er in Geld-verlegenheiten befindet, mit S. istdie Sache schon laengst abgemacht worden, Du wirst nun aus Allen ersehendaß eine schoene Billanz angefertigtwerden da so viele Gelder die früherBrach lagen, nun wieder im Geschäftwirken. Nun wirst Du aber dießmalmit meinem Briefe zufrieden seinden ich habe nun genug geschrieben, & indem ich Dich noch einmal um die ver-langten Bücher ersuche, bemerke ich Dirnoch daß Du mich in der naechsten Zeit ein-mal mit der lieben Kleinen zu besuchenwen̄ Du mich gerade nicht abholen darfst.Ich bemerke Dir noch bey meinem Ehrenwortdaß ich gestern den Entschluß & zwar denfesten Entschluß gefarßt habe, aufeinem Spaziergang nach der Ham̄er-schmidte morgen zu entspringen wasmir ein Leichtes gewesen waere, aberDir zu Liebe meine gute Lisa willich es unterlaßen dafür mußt Duaber den Herrn Director ersuchendaß er mich nun endlich einmalhinauslaße, & ich sage Dir noch einmaldaß Du mich naechstens besuchen mußtden̄ ich meine oft daß ohne im̄er umDich zu sein ich nicht mehr leben koen̄e.Dein Dich herzlich liebenderErnst. Schreibe mir bald wieder Duweißt daß es im̄er für mich ein segenstag ist wen̄ ich von DirNachricht erhalte. MadameElise K. Wohlgeboren in Lindau